

Die Mongolei ist etwa 4,5x so groß wie Deutschland, allerdings wohnen im gesamten Land nur ca. 3,3 Mio Einwohner. Das macht die Mongolei zum am dünnsten besiedelten Land der Welt! Und das merkt man auch sofort, wenn man sich einmal aus dem Stau der Hauptstadt herausgekämpft hat. Ulaanbaatar ist von endlosen grasbewachsenen Hügeln umgeben, die wenigen befestigten Straßen gehen schon bald in Schotterpisten über. Auf Orte trifft man nur selten, tatsächlich hat die zweitgrößte Stadt Erdenet gerade mal ca. 100000 Einwohner. Viel häufiger sehen wir dagegen Ger's mitten in der Wildnis stehen - ca. 25% der mongolischen Bevölkerung lebt heute noch als Nomaden im Lande. Das Nomadentum war von Anbeginn der Zeit die Lebensweise der Mongolen - Familien leben in einfachen Zelten im Einklang mit der Natur, betreiben Viehzucht und ziehen mit den Jahreszeiten an andere Orte, um sich und ihre Tiere zu ernähren. Viele Mongolen führen bewusst diese alte traditionelle Lebensweise fort - das heißt jedoch nicht, dass sie nicht mit der Zeit gehen. Solarpanele und Smartphones gehören ebenso zum Leben in der Wildnis wie in den Städten. ;-) Wir werden im Laufe unserer Reise zwei Nächte zu Gast in einer Nomadenfamilie verbringen. Dann erzähle ich euch mehr über diese faszinierende Kultur.
Nun nehme ich euch aber erstmal mit in die spektakuläre und abwechslungsreiche Gobi Wüste im Süden des Landes. Aufgrund der Größe der Mongolei kommt man nicht umher jeden Tag lange Strecken mit dem Auto zurücklegen zu müssen. Ich dachte, ich würde mehrere Bücher bei all der Fahrzeit durchlesen. Falsch gedacht: denn die wilde Landschaft ist einfach fesselnd, ich konnte stundenlang aus dem Fenster starren, nach Tieren Ausschau halten und mir wurde nie langweilig. Hinzu kamen natürlich interessante Gespräche mit Enji und meinen Mitreisenden. Und nicht zuletzt waren viele Strecken so huckelig und wild, so dass einem beim Lesen eh schlecht geworden wird. :-P
Wenn es durch die Wildnis geht, bestehen die "Straßen" nur noch aus Reifenspuren, von welchen man sich seine Liebste einfach aussucht oder eine eigene Strecke querfeldrein wählt. Straßenschilder gibt es hier keine mehr, auch auf Google Maps findet man meist keine eingezeichnete Straße. Wer also glaubt, selbst mit dem Auto durch die Mongolei fahren zu können, irrt sich. Ein ortskundiger Fahrer ist absolut notwendig. Taivan kennt sich bestens aus, die Hügel und Berge am Horizont weisen ihm die Richtung und zur Not wird mal ein Nomade gefragt. Pferde, Kühe, Ziegen und Schafe stehen überall in der Landschaft frei herum, abgesperrte Weiden kennen die Mongolen nicht. Bussarde, Falken, Geier und mit etwas Glück auch mal ein Adler fliegen an unserem Auto vorbei. Das Fahren durch die Mongolei ist für mich die pure Freiheit! Wir halten regenmäßig für "Nature Stops" an und genießen die Aussicht, beobachten mal eine Pferdeherde in einem See oder eine giftige Halysotter am Wegrand.







Wir stoppen auf dem Weg gen Süden an der Choir Monastry, erbaut im 18. Jahrhundert beherbergte das Kloster in seiner Blütezeit 1500 Mönche. Wie im letzten Blogeintrag erwähnt, wurde auch diese große Tempelanlage 1938 komplett zerstört, die Ruinen der Häuser sieht man bis heute. Ein neuer Tempel wurde auf dem ehemaligen Gelände erbaut (Fotos drinnen waren nicht gewünscht), daneben befinden sich einige Ger's als Unterkünfte für die heute nicht einmal 10 Mönche, darunter auch ein Ger als weiterer Gebetsraum.





Am Abend bezogen wir unser erstes Ger-Camp, was ein Erlebnis an sich bereits ist - mitten in der Wildnis, weit und breit keine Stadt, eine Herde Schafe und Ziegen nebenan, ein paar Häschen hoppelten zwischen den Zelten umher. Der Sonnenuntergang, Aufgang des Mondes und Sonnenaufgang über den Ger's war magisch.





Gen Süden wird die Landschaft ab dem 2. Tag nun immer kahler und die Pferde- werden von Kamelherden abgelöst. Uns ist klar: jetzt befinden wir uns in der Gobi-Wüste. Neben einem riesigen Eingangstor zur Stadt Dalanzadgad, welche auch als Tor zur Süd-Gobi bekannt ist, befinden sich futuristische Statuen von drei Schwestern, welche laut Sage sich dem Wunsch ihres wohlhabenden Vaters zu Heiraten verweigerten und als Strafe heute versteinert als Berge in der Gobi Wüste stehen.
Die Gobi ist keinesfalls nur flaches karges Land. Sie besteht aus verschiedensten Wüstenarten - von karger Steppe über weitläufige Dünenlandschaften und rote Felsenschluchten bis zu langgestreckten Gebirgszügen. So liegt unser zweites Camp zwischen hoch aufragenden Felsen mit Blick ins weitläufige Tal, welches fast wie Meer aussieht. In der Nähe befindet sich Yolyn Am, die sogenannte Geierschlucht, welche nach dem Bartgeier (mongolisch "Yol") benannt wurde - eine seltener Vogel, den wir glücklicherweise sogar sehr nah zu Gesicht bekamen. Unser Fahrer Taivan weiß unheimlich viel über die einheimische Tierwelt und ist ein Profi, wenn es um Tiersichtungen bereits von Weitem geht. Oft hält er unvermittelt an, um uns eine Entdeckung zu zeigen und freut sich über meine Begeisterung für Tierfotografie - wir sind ein echt tolles Team. :-P Wir wandern nur ein kleines Stück in die Schlucht hinein, an den engsten Stellen gab es häufig ganzjährig noch dicke Eisschichten (zumindest vor der Klimawandel), hier haben die Nomaden früher ihr Fleisch gelagert, bevor es Kühltruhen gab. ;-) Wir sahen kein Eis mehr, die Reste wurden bei einem heftigen Regenguss eine Woche zuvor weggespült. Dafür trafen wir auf eine Yak-Herde - Yaks gibt es in den gebirgigen Regionen hier auch :-P - und ganz viele kleine süße Pikas, sogenannte Pfeifhasen, die sich hier überall herumtreiben.









Pika

Yak-Herde

Bartgeier



Bei der Weiterfahrt sehen wir am nächsten Tag bereits aus der Ferne einen gelben Streifen am Horizont, dem wir uns langsam nähern. Es sind die berühmten Sanddünen "Khongoryn Els", welche sich über 100 km Länge und bis zu 12 km Breite im Süden des Landes erstrecken. Die Größten der Dünen erreichen eine Höhe von bis zu 300 Metern! Sie werden häufig auch "Singing Sands" genannt, da der durch den Wind sich bewegende und abrutschende Sand tiefe Töne erzeugt. Wir beziehen ein Camp für zwei Nächte in Reichweite der höchsten Dünen. Am frühen Morgen erklimmen wir die Dünen, wir sind die Einzigen weit und breit - kaum zu glauben! Der Blick ist spektakulär, die Dünen erstrecken sich nach links und rechts so weit das Auge reicht. Hinter den Dünen erheben sich hohe dunkle Berge, welche einen herrlichen Kontrast zum hellen Sand ergeben. Am Fuße der Dünen liegt überraschenderweise eine grüne Oase, in welcher die Tiere der umliegenden Nomaden grasen. Diesen traumhaften Ort besuchen wir am späten Nachmittag gleich nochmal und machen ein kleines Kaffee-Picknick. Einer der magischsten Momente der Reise erleben wir, als auf dem Rücken der Dünen plötzlich eine Herde Pferde auftaucht. :-) Getoppt wird dieses Erlebnis gleich noch durch ein aufziehendes Gewitter - ja richtig, Gewitter mitten in der Wüste - welches uns zurück ins Camp jagt. Das spektakuläre Wolkenspiel, ein Regenbogen und die bunten Farben bei Sonnenuntergang machen diesen Abend einfach magisch! :-)
Tagsüber besuchten wir noch unsere erste Nomadenfamilie, welche seit Generationen in der Gobi lebt und Kamele züchtet. Wir werden von der Züchterin selbst mit Kamelen abgeholt und reiten zu ihren Gers. Sie besitzt an die 100 Kamele, davon 20 Jungtiere (neben natürlich auch Ziegen und Schafen). Es werden Fell, Milch und Fleisch verkauft und selbst zum Leben verarbeitet. Sie erzählt uns von ihren Sorgen, dass nach ihrem Mann und ihr niemand die Familientradition fortsetzen könnte... ihre drei erwachsenen Kinder leben alle in der Stadt. Sie hofft, eines ihrer Enkelkinder wird sich für die Kamelzucht und das Nomadenleben begeistern. Im Camp steht das Holzgerüst eines neuen Gers - es ist das Hochzeitsgeschenk für ihren erstgeborenen Sohn, das traditionelle Geschenk, wenn die Kinder heiraten. Es wurde zur Probe aufgestellt und soll nun wieder abgebaut werden für den Transport. Allein ist das nicht machbar, also packen wir freudig mit an und bauen das Gerüst ab und lernen dabei gleich, wie ein Ger aufgebaut ist: in der Mitte befinden sich 2 Tragbalken, auf welchen ein hölzernes Dachrad ruht. Die Wände des Gers bestehen aus 4-5 Scherengittern, welche wie eine Ziehharmonika gefaltet werden können. Eine schwere Eingangstür verbindet zwei der Wände. Die im Kreis angeordneten Dachbalken werden in das Dachrad gesteckt und an den Gitterwänden mit Seilen aus Pferde- oder Kamelhaaren befestigt. Tür, Dachbalken, Dachrad und Tragbalken sind häufig bunt bemalt, die traditionelle Farbe der Gers ist orange - wie auch bei diesem hier. Abschließend werden über das Gerüst dann mindestens drei Laken von Filz gelegt und abschließend eine Außenplane gespannt, um das Ger regensicher zu machen. Jetzt gibt's Fotos dazu - sehr viele, weil sie alle so toll sind und ich mich einfach nicht entscheiden konnte. :-P


























Die Gobi Wüste hält noch eine weitere, ganz besondere Überraschung bereit, bevor wir zurück ins mongolische Grasland fahren. Wir reisen zurück in die Zeit der Dinosaurier - beim Besuch der Flaming Cliffs - die Brennenden Klippen - oder in mongolisch Bajandsag.
Auf dem Weg trafen wir auf ein paar Wildtiere, die ich euch nicht vorenthalten möchte: die sehr seltenen Asiatischen Wildesel, Sibirische Steinböcke und natürlich ganz viele Hochland-Bussarde.



Die Gobi Wüste gilt als das größte Fossilien Reservoir von Dinosauriern weltweit! Etwa ein Fünftel aller bekannten Dinosauriergattungen wurden in der Mongolischen Gobi gefunden. Dazu gehört auch der erste Fund von komplett erhaltenen Dinosaurier-Eiern mit Embryoskeletten in einer durch Roy Chapman Andrews geleiteten Expedition 1922 in Bajandsag. Paläontologen entdecken auch heutzutage noch seltene Fossilien in dieser Region, da durch die fortwährende Erosion immer wieder neue Funde freigelegt werden. Die Brennenden Klippen sind jedoch nicht nur für berühmte Fossilien bekannt, sondern auch für ihre landschaftliche Schönheit. Denn die roten Klippen scheinen vor allem bei Sonnenauf- und -untergang förmlich zu brennen. Wir quartierten uns in einem Ger-Camp unweit der Klippen ein, verbrachten den Nachmittag und Abend dort und ich konnte Enji und Karen dafür begeistern, am nächsten Morgen in der Dämmerung die 25 min Fußweg quer durch die Wüste zu den Klippen zurückzulegen und auch den Sonnenaufgang zu erleben.











Sonnenuntergang





Sonnenaufgang



Nach unserem einwöchigen Wüstenabenteuer wird es nun Zeit zurück in die Mongolische Steppe bzw. das Mongolische Grasland zu reisen, wo ein ganz besonderes Erlebnis auf uns wartet: zwei Nächte in einer Nomadenfamilie zu Gast zu sein.
Noch ein letzter Blogbeitrag erwartet euch, bevor die große Reise endet!
Liebe Grüße, eure Jana
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