Kumano Kodo - Pilgern auf Tausend Jahre alten Pfaden

Veröffentlicht am 7. Juli 2023 um 13:27

Kumano ist das spirituelle Herz Japans, eine heilige Region, in die es Pilger jeder Klasse, ob nun Kaiser, Samurai, Mönch oder Bauer, bereits vor 1000 Jahren gezogen hat und deren Pilgerwege die Kumano Sanzan - die drei wichtigsten Schreine der Kii-Halbinsel - verbinden: Hongu Taisha, Hayatama Taisha und Nachi Taisha. Neben den drei Hauptschreinen befinden sich entlang des Pfades jedoch noch 99 weitere Oji-Schreine, welche den Wanderern Schutz bieten und den Weg weisen sollen.

Der Kumano Kodo ist einer der beiden einzigen Pilgerwege weltweit, der den Status Weltkulturerbe hat. Na, weiß jemand, welches der zweite Pilgerweg ist? 

Ja genau, der Jakobsweg. :-) Beschreitet man beide, kann man ein "Dual Pilgrim" Zertifikat bekommen. Auf dem Kumano Kodo kann man sich dafür eine der sieben Routen aussuchen. Ich entschied mich für die Nakahechi-Route, die Bekannteste davon und buchte bereits vor Japan meine Unterkünfte. Denn diese sind in der abgelegenen Bergregion rar, häufig sind es kleine Homestays und einfach Auftauchen geht in der Regel schief und ist auch nicht gewünscht. ;-)

Das Wandern in den mystischen japanischen Wäldern, durch alte Dörfer, auf spirituellen Wegen und Übernachten in traditionellen Gästehäusern mit dem besten Essen überhaupt klang wirklich sehr verlockend und ich hatte großes Glück, dass ich 2 Monate vor dem geplanten Termin überhaupt noch Unterkünfte gefunden hatte.

Wie ihr aber in meinem letzten Beitrag gelesen habt sind Japan's Wälder die Heimat der asiatischen Schwarzbären und ich war wirklich hin- und hergerissen, ob ich meine Pilgerwanderung alleine überhaupt antreten sollte. Ich entschied mich am Ende dafür es einfach zu versuchen, denn viele Orte sind auch mit Bus erreichbar, so dass ich jederzeit auch auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen könnte, wenn die Angst doch zu groß werden würde. Ursprünglich waren 4 Tage wandern geplant mit 1 Tag Pause am Hauptschrein Kumano Hongu Taisha in der Mitte der Halbinsel. Start war eine kleine Stadt am Meer - Kii-Tanabe, von der es eine 30min-Busfahrt am Morgen bis zum Ausgangspunkt der Pilgerweges war: Takijiri-Oji. Es war ein herrlich sonniger Tag, als ich loswanderte. Natürlich hatte ich mir Karte sowie Heftchen vorher besorgt, damit ich auch fleißig an jedem Schrein Stempel sammeln konnte. Bärenglocke und Bärenspray zierten natürlich ebenfalls meinen Tagesrucksack. Meinen großen Rucksack ließ ich übrigens in meiner Unterkunft in Kii-Tanabe, so dass ich nur das Nötigste für 5 Tage dabei hatte.

Der Weg führte nach dem ersten Schrein gleich steil nach oben. Auch wenn es nur durch Mittelgebirge geht, ist der Weg nicht Ohne und kann bei den schwülwarmen Temperaturen im Sommer auch recht hart sein. :-) Natürlich war ich nach Nepal super trainiert und alles kein Problem für mich. :-P Ich hatte mir zwei echt lange Tage vorgenommen - 18 km am ersten, 22 km am zweiten Tag mit viel Auf und Ab. Der Genuss kam deshalb aber nicht zu kurz. 

An jedem Schrein hielt ich kurz an und betete, wie es sich für einen Pilger gehört. ;-) Da ist es nun denke ich an der Zeit, euch die Abläufe dafür mal genauer zu erklären, falls ihr auch mal nach Japan reist und es richtig machen wollt. :-P

Der Eingang zum Schrein wird durch ein Torii gekennzeichnet, wie ich bereits mal erwähnt habe. Man verbeugt sich am Torii, bevor man das heilige Gelände betritt. Man durchschreitet das Torii bzw. den Weg zum Schrein immer rechts oder links, nie in der Mitte, denn das ist der Pfad der Götter. In den großen Schreinen und Tempeln findet man danach in der Regel ein Becken mit Wasser, an dem man sich zunächst reinige sollte. Häufig gibt es dazu hübsche kleine Holzkellen: man füllt die Kelle mit Wasser, dann wäscht man sich zuerst die linke Hand, dann die rechte, dann füllt man Wasser in die linke Hand, spült damit den Mund aus und zuletzt wird die linke Hand nochmals gereinigt und die Kelle selbst mit den letzten Tropfen beim Zurücklegen. Wenn es nun auch eine Schale mit Räucherstäbchen gibt, kann man sich noch in den Rauch hüllen zur Reinigung.

Am Schrein angekommen gibt es eine kleine Box, in die man Geld wirft, meist ein 5 Yen Stück (10 Yen sollen Unglück bringen!). Wenn es ein Seil mit einer Glocke gibt, darf man diese läuten, um den Kami zu rufen. Danach verbeugt man sich 2x, dann klatscht man 2x in die Hände, mit gefalteten Händen kommt dann das stille Gebet, zum Abschluss noch 1x verbeugen.

Wenn man das heilige Gelände am Torii wieder verlässt, sollte man sich umdrehen und nochmal 1x verbeugen.

Fertig! Im Tempel ist es fast gleich, nur das man das Klatschen weglässt. Wieder was dazugelernt. ;-)

Ein Grund den Kumano Kodo entlang zu wandern, sind die traditionellen Unterkünfte, die man bezieht. Hier ist in der Regel Vollverpflegung (also auch eine Bentobox - so etwas wie ein Fresspaket :-P) mit inkludiert. Das Essen ist dabei ebenfalls traditionell japanisch und besteht aus vielen kleinen Leckereien, traumhaft in den hübschesten Schälchen präsentiert. Dabei bekommt man ein Yukata - eine Art einfachen Kimono - den man die gesamte Zeit in der Unterkunft trägt. Das ist ein Erlebnis, welches man mindestens 1x auf einer Japanreise haben sollte.

Am Abend der ersten Nacht lernte ich auch eine amerikanische Familie kennen, die den gleichen Weg ging wie ich. Und da erzählte mir doch nicht der Sohn, dass er am gleichen Tag einen Bären von Weitem auf dem Weg gesehen hatte, der aber schnell Reißaus nahm. Dabei erzählen die Japaner immer (auch in der Touristeninfo), dass die Bären viel höher in den Bergen sind und man sie auf der Hauptroute nie antrifft... Den 2. Tag bestritt ich dann etwas betreten und erneut hin- und hergerissen, hing mich aber bald an ein australisches Pärchen, mit denen ich zum Glück die meiste Zeit des Tages zusammen wanderte. Bären sahen wir keine. :-) Dafür aber eine ganze Menge Eidechsen und tatsächlich kleine Krabben im Wald. :-P Auf Schlangen muss man übrigens auch achten, die hochgiftige Mamushi lebt in Japan. Ich sah eine Schlange gleich nach 5 Minuten am 1. Tag. War aber keine giftige denke ich. :-P Gibt auch eine asiatische Riesenhornisse, die recht angriffslustig sein soll... die hab ich gesehen, bin aber schnell weitergezogen. 

Am 2. Tag regnete es ab dem späten Vormittag, was uns aber im Wald wenig ausmachte. Späten Nachmittag erreichten wir dann den Kumano Hongu Taisha - das Ziel jeden Pilgerers in der Mitte der Halbinsel. Alle Wege führen hierher, dort sammelt man seinen letzten Stempel und kann sich seine erfolgreiche Pilgerwanderung im World Heritage Center bestätigen lassen. 

In Hongu steht auch das größte Torii Japans umgeben von herrlichen Reißfeldern.

In Hongu hatte ich einen Tag Pause eingeplant, um die heißen Quellen der Region ausgiebig nutzen zu können. Ich entschied jedoch auch am Abend des 2. Tages meine nächsten 2 Unterkünfte und Wandertage zu canceln. Ich hatte mein Glück genug herausgefordert und mich meinen Ängsten gestellt. Aber 2 Tage im Bärengebiet solo wandern haben mir dann gereicht und außerdem hatte ich ja nun bereits mein Pilgerzertifikat. :-P Die anderen zwei Hauptschreine konnte man auch mit dem Bus besuchen.

Doch zunächst wurde gebadet. Es gibt ein paar sehr besondere Onsen in der Region. Zum einen das kleine Örtchen Yunomine Onsen: das älteste Onsen-Dorf Japans, dessen Geschichte ganze 1800 Jahre zurückgeht. Das "Tsuboyu" - ein kleines privates Onsen in einer Holzhütte mitten im Dorf - ist dabei das einzige Onsen mit UNESCO Weltkulturerbe-Status. Hier haben Pilger bereits die letzten 1000 Jahre gebadet, um sich von ihrer Wanderung zu erholen. Man kann es für 30 min buchen und privat genießen - natürlich habe ich das gemacht! ;-) Es war auch nicht viel los und ich musste kaum 10 min warten, dann war ich dran.

Das öffentliche Badehaus ist im Ticket mit inkludiert. Außerdem kann man im Ort sein eigenes Essen in den heißen Quellen kochen. Wer nichts dabei hat, holt sich einfach ein paar Eier und nach 11 Minuten kann man sie genießen. Aber ich habe auch Kartoffeln, Mais etc. gesehen. ;-)

Ein weiterer ganz besonderer Ort auf meiner Liste war "Kawayu Onsen". Der dortige Fluss ist etwas ganz Besonderes. Wenn man dort am Ufer ein Loch gräbt, sprudelt das heiße Wasser aus der Erde und vermischt sich mit dem Flusswasser und schwupp hat man sein wirklich ganz naturbelassenes Onsen. Ist sogar gratis. Nur eine Schaufel muss man dabei haben. :-P Hatte ich natürlich nicht... aber zum Glück haben ein paar andere Badebegeisterte schon ganze Arbeit geleistet und somit musste ich mir nur ein Loch aussuchen. ;-) Zur Abkühlung kann man dann immer zwischen Badewanne und Fluss wechseln. 

Nach dem Wellnesstag ging es statt zu Fuß also weiter mit dem Bus. Was bei dem heftigen Dauerregen eine umso bessere Idee nun war. Als erstes machte ich am Kumano Hayatama Taisha Stopp, dem zweiten Kumano Schrein, holte mir Stempel und Goshuin und fuhr dann weiter nach Katsuura, einem Hafenstädtchen, wo ich mich einquartiere. Hier machte ich trotz Regen und Wind einen Hafen- und  Strandspaziergang, wärmte meine Füße im Hot Spring Fußbad auf mit Blick auf die Bucht und fotografierte begeistert die Seeadler, welche über dem Fischerhafen kreisten - das könnte ich stundenlang. :-P

Am nächsten Tag ging es in der Früh mit dem ersten Bus zum letzten Kumano Schrein - dem Kumano Nachi Taisha, bekannt auch durch seinen Nachi Wasserfall und die rote Pagode. Dort wäre ich normalerweise am letzten geplanten Wandertag des Kumano Kodo zu Fuß angekommen. Am Wasserfall war ich durch die Früh beinahe alleine. Das war ein wirklich magischer und spiritueller Ort! Hier wurde von den Priestern gerade erst die Morgenandacht vollzogen, der ich beiwohnen konnte. Danach besichtigte ich natürlich die rote Pagode und den Hauptschrein selbst.

Da ich einen Tag dazugewonnen hatte durch meine "Abkürzung", konnte ich auf dem Rückweg mit dem Zug entlang der Küste noch 2 Zwischenstopps am Strand einlegen. Hier gibt es tolle Steilküsten und verrückte Steinformationen. Ein Strand, der mich besonders begeistert hat sind die "Hashiguiiwa Rocks" - durch die Ebbe konnte ich zwischen den Felsen entlang spazieren und Fotos machen. 

Mein 2. Stopp war auf der Halbinsel Shirahama. Hier gibt es das öffentliche "Saki-no-Yu"-Onsen (was denn sonst ;-P), ein Onsen mit 3 Badebecken mit Blick auf das Meer. Das war mein absolutes Lieblings-Onsen des Urlaubs, das Rauschen der Wellen war herrlich entspannend und bis auf 3-4 weitere Japanerinnen war das Onsen echt leer. Hier konnte ich natürlich keine eigenen Fotos machen, hab aber zwei aus dem Internet mal rausgesucht, damit ihr wisst, wovon ich hier so schwärme. :-) Am Strand ließ ich den Tag dann ausklingen und holte am Abend meinen Rucksack wieder ab.

Die Kii-Halbinsel ist sowohl in den Bergen als auch an der Küste ein echter Geheimtipp und perfekt für jeden, der gerne abseits der Touristenpfade das Land erkunden und das ländliche Japan kennenlernen möchte. Ich bin stolz meiner Angst getrotzt und einen Teil meiner geplanten Wanderung gemeistert zu haben. Man muss dazu sagen, dass sich außer mir niemand um die Bären geschert hat. :-P 

Weiter geht es nun nach Osaka und Kyoto, also zurück in den Großstadttrubel. Davon erzähle ich euch ganz bald - hänge etwas hinterher. :-P

Eure Jana

PS: Leider gestaltet sich das Videos hochladen wegen langsamen Internet als schwierig, deshalb muss ich drauf verzichten... 

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Kommentare

Patricia LINDAU
Vor 2 Jahr

Auch ohne Videos ein Augenschmauß. Danke, dass du uns an All dem teilhaben lässt!