Auszeit in Yogyakarta

Veröffentlicht am 30. Juli 2023 um 13:20

Nun bin ich also schon 3 Monate unterwegs und wenn ich zurückblicke, habe ich wirklich viel in dieser Zeit erlebt. Es fällt mir häufig schwer nichts zu tun und die Seele baumeln zu lassen, wenn ich an einen neuen Ort komme. Ich habe meist das Gefühl etwas zu verpassen, wenn ich nicht raus auf die Straße gehe. Aber so schön das Reisen doch ist, kann es auch müde machen. Das gilt vor allem fürs Solo Reisen, das habe ich die letzten Wochen gemerkt.

Ich habe viel zu viel Zeit am Handy verbracht, recherchiert, organisiert, gebucht, neue Pläne geschmiedet oder über den Haufen geworfen... wenn man Solo reist, kann man ja nix von der "Arbeit" abtreten... dann noch ein bisschen Social Media... Japan war wirklich ein Traum, aber ich war auch 4 Wochen von früh bis abends immer unterwegs und habe mir keine Pause gegönnt. 

Das ändert sich jetzt! Ich merke, dass ich unbedingt mal eine Pause brauche, um die vielen neuen Eindrücke zu verarbeiten, mal einfach nichts tun, mal nicht jeden Tag im Internet nach dem nächsten Abenteuer und der besten Unterkunft recherchieren... mal meinen Blog auf aktuellen Stand bringen. ;-)

Aber keine Angst, ich habe trotzdem so einige Eindrücke, die ich in diesem Blogbeitrag mit euch teile... es wird deshalb nicht langweilig. :-)

Angekommen in Jakarta habe ich mir für den nächsten Tag gleich ein Zugticket gebucht, denn die Großstadt ist viel zu laut, dreckig und chaotisch für eine Auszeit. Ich lasse West-Java links liegen und fahre direkt 8h durchs Land nach Yogyakarta ins Zentrum der Insel. Ich hatte schnell rausgefunden, dass Zugfahren auf Java günstig und relativ komfortabel ist. In den Städten ist nun Schluss mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie Metro und Bus... in Indonesien nutzt man Grab oder Gojek. Apps, die ähnlich wie Uber sind. Also in der App Auto- oder Motorrad-Taxi ordern (Scooter ist so viel billiger und schneller, nur mit großem Rucksack nicht sehr praktisch) und ab ging es zum Bahnhof. Da gerade Hochsaison ist - nicht nur Europäer, sondern auch viele Einheimische haben Urlaub - sind Tickets häufig ausgebucht... ich hatte Glück wenigstens noch einen der letzten Plätze im Mittagszug zu ergattern. Economy, vollkommen ausreichend. Das Online Ticket muss am Bahnhof trotzdem noch in ein Papierticket getauscht werden... warum auch immer. :-P Nach kurzer Orientierung habe ich das richtige Gleis gefunden und der Retro Zug rollt ein. Witzig nach den hypermodernen Shinkansen in Japan... Ich habe den letzten Platz im Zug und den besten Blick nach hinten raus. Zugfahren tagsüber macht richtig Spaß in Java, denn die Insel ist super grün und voller Reisfelder und Berge, man kann stundenlang die Landschaft genießen. 

Yogyakarta gilt als das kulturelle Zentrum von Java. Hier findet man Kunsthandwerk wie Batik und Silber, traditionelle Märkte, die ehemaligen königlichen Gärten des Sultans - Taman Sari, die immer noch bestehende Residenz des Sultans (ja, in Yogyakarta regiert noch ein Sultan), zahlreiche Museen und unweit der Stadt die Hauptattraktionen Zentral-Javas: die Tempel Borobudur und Prambanan - dazu später mehr... ein bisschen Sightseeing hab ich ja auch gemacht. ;-)

Einquartiert habe ich mich in der Villa Sambal - einem Homestay, herrlich ruhig gelegen in einer kleinen Straße... das einzige Manko: die Moschee direkt daneben, das heißt nämlich jeden Tag 4:30 Uhr nachts 15 Minuten lang lautstarkes Gebet über die Lautsprecher, da steht man im Bett. :-P Aber man gewöhnt sich dran, Kopfhörer ins Ohr und umdrehen. In Indonesien ist der Islam die vorherrschende Religion - ausgenommen Bali, dieses ist Hinduistisch. Gehört also zur Kultur dazu! Ach so, und ein Gekko im Dach, der kann auch ganz schön laut sein. ;-) Umgeben von einem grünen Garten, schönem Außenbereich und gemütlichen Zimmern... und hauseigenen Schildkröten. :-) Geführt von Herni, meiner liebevollen Gastgeberin, durch welche mein Aufenthalt in Yogya zu einem der Besten auf meiner ganzen Reise wurde! Sie wohnt zwar nicht selbst in ihrem Homestay, aber in der Küche und dem Gemeinschaftsbereich im Erdgeschoss macht sie Kochkurse. Da habe ich natürlich gleich am 2. Tag mitgemacht. Früh ging es mit dem Roller zum traditionellen Markt um die Ecke, dort traf ich auf Jade aus den Niederlanden. Wir kauften alle Zutaten für unsere Gerichte, danach gab es noch leckere javanesische Snacks fürs Frühstück und zu dritt auf dem Scooter ging es zurück ins Homestay. Dort stieß Corey aus den USA noch zu uns, das Team war komplett. 4h lang schnippelten und kochten wir insgesamt 6 Gerichte, darunter: gefüllter Tofu, Atjar Tjampoer (eine Art Salat), Auberginen Balado (eine scharfe Chilisoße mit Auberginen), Opor Ayam (eine Art Chicken Curry), Tumis Buncis (ein indonesisches Gericht mit grünen Bohnen) und Java Mie Goreng (Nudelgericht).

Und wenn ihr euch jetzt fragt, wer das denn alles essen soll?! Das ist genau einer der Gründe, warum es mir so schwer viel diesen wunderbaren Ort zu verlassen. ;-) Denn das Essen reichte nicht nur für mittags, sondern auch noch für abends und die Rester für den darauffolgenden Tag. Und für Freunde und Mitbewohner. Da ich also im Homestay übernachtete, durfte ich beim Aufessen das super leckeren Essens also bei jedem Kochkurs helfen. :-P So ungefähr jeden 2. Tag... da könnt ihr euch bestimmt ausmalen, dass ich selten auswärts gegessen habe. :-P Häufig saß man nach den Kochkursen noch ewig zusammen und hat gequatscht, Herni lud Freunde aus der Nachbarschaft ein - häufig mixed Pärchen (mal Indo-Australien, mal Indo-Belgien usw... - sie selbst ist mit einem Niederländer verheiratet) oder die Kursteilnehmer kamen zum Abendessen zurück. 

Die Schildkröten im Homestay hatte ich ja bereits erwähnt - 3 Große und 3 Kleine, super süß in einem hübschen offenen Gehege. Am witzigsten war es, ihnen nach dem Essen die Rester zu füttern, insbesondere die Hühnerknochen liebten sie!  Sie waren wie Hunde und trugen sie durch das ganze Gehege. :-P

Herni war eine wundervolle Gastgeberin. Einen Morgen machten wir uns 6 Uhr auf dem Weg ins Sultansviertel, sie, ihre Tochter und Freunde von ihr und Corey. Wir liefen durch die schmalen Gassen der ehemaligen Gärten, wo nun viele Menschen zwischen den zerfallenen Mauern ihre Häuser, Restaurants und Shops haben und aßen Frühstück auf dem traditionellen Markt. Danach besuchten wir noch das Taman Sari, auch Wasserschloss genannt, denn in dem Pool badete die Sultansfamilie früher. 

Wenn ich mir mal nicht im Homestay den Bauch vollschlug, setzte ich mich in eines der vielen stylischen Cafés in meiner Straße, schrieb an meinem Blog und schlemmerte Kuchen und Kaffee.

Ich bemerkte übrigens schnell, dass es auf Java echt sooooo viele Katzen gibt - von Bewohnern, aber auch Straßenkatzen. Hunde habe ich hier kaum gesehen. Ein Paradies für mich! :-) Herni merkte auch schnell, dass ich total katzenvernarrt bin und fuhr mich eines Morgens zu einem Katzencafé ganz à la Japan in der Nähe, aber weniger überlaufen, preiswert und total chillig. ;-)

In Yogya fand außerdem gerade das alljährliche "ArtJog" statt, eine moderne Kunstausstellung von Künstlern ganz Indonesiens und teils anderer Länder, welche jeden Sommer 2 Monate zu bewundern ist. Wirklich beeindruckende Contemporary Art und auch das Gelände des Museums ist wirklich stylisch.

Neben Kunstmuseen findet man in Yogya wirklich extrem viel Streetart in all den kleinen Straßen und Gassen, ein Traum für mich. ;-)

Zu guter Letzt gibt es jetzt aber noch ein Sightseeing Ausflug für euch. Denn die meisten Touristen kommen nach Yogya, um die zwei berühmten Tempel Borobudur und Prambanan im Norden zu besuchen. Und die sind wirklich ein Besuch wert! Ich buchte mit Corey zusammen eine Fahrradtour zwischen den Tempeln - 50km durch die Dörfer und Reisterrassen, also auch mal ein bisschen Bewegung zum Abtrainieren des ganzen Essens. :-P

Früh ging es zunächst mit dem Auto nach Borobudur mit kurzem Stopp an der Chicken Church - ja, eine Kirche die aussieht wie ein Huhn. ;-) Um 7 Uhr in der Früh hatten wir vom Kopf des Huhns eine tolle Aussicht auf die Berge und den Borobudur Tempel. 

Borobudur ist der größte buddhistische Tempel der Welt! Er stammt aus dem 9. Jhd. und wurde nach dem Ausbruch des nahegelegenen Mount Merapi im 11. Jhd. von Asche bedeckt, später von Vegetation überwuchert und geriet in Vergessenheit für vielen Jahrhunderte. Erst 1814 wurde er wiederentdeckt und im 19. und 20. Jdh. ausgegraben und restauriert. Er besteht aus 9 Stockwerken, die unteren 6 Quadratischen zeigen an den Wänden in den Stein gehauene Reliefs mit einer zusammengerechneten Länge von insgesamt 5 km (!), die vom Alltag der Menschen sowie dem Leben und dem Wirken Buddhas erzählen. Der Tempel zählt auch insgesamt 504 Buddha-Statuen! Auf den oberen 3 runden Terrassen befinden sich 76 Stupas, welche im Inneren jeweils sitzende Buddha-Statuen beherbergen, alle umgeben den zentralen Stupa. Das gesamte Bauwerk ist wirklich gigantisch und beeindruckend! Die Besichtigung der Terrassen ist nur mit einer Führung möglich... wir hatten die erste 9 Uhr früh gebucht, leider waren da bereits hunderte Touristen vor Ort... ist eben Hochsaison. Man darf zum Schutz des Tempels nicht mit Straßenschuhen hoch, sondern bekam Bambus-Flipflops, welche in den nahegelegenen Dörfern hergestellt werden und welche man danach mitnehmen darf. ;-)

Danach trafen wir auf unseren Guide Hari, wir bestiegen unsere Mountain Bikes und machten uns auf den Weg nach Prambanan. Hari führte uns auf kleinen Straßen und Feldwegen durch die Dörfer, zwischen Reisfeldern und Chiliplantagen entlang, häufig holprig oder vollkommen off road.

Prambanan ist der größte hinduistische Tempel in Indonesien und der zweitgrößte in Südostasien nach Angkor Wat, ebenfalls im 9. Jhd. erbaut. Durch zahlreiche Erdbeben und Vulkanausbrüche wurde die Anlage größtenteils über die Jahrhunderte zerstört. Seit dem 20. Jdh. läuft der Wiederaufbau. Von den ehemals 240 Einzeltempel sind heute die 8 Hauptschreine wieder in ihre vollen Schönheit zu bewundern, die drei Größten beherbergen jeweils Statuen von den drei Hauptgöttern Shiva, Vishnu und Brahma. Den Größten in der Mitte kann man besteigen und ins Innere schauen. 

Auf dem gleichen Gelände etwa 1 km nördlich befindet sich ein weiterer, jedoch buddhistischer Tempelkomplex in ähnlicher Bauweise - der Sewu Tempel, ebenfalls sehr beeindruckend.

Nach Sonnenuntergang war unser erlebnisreicher Tag aber noch nicht vorbei. Neben dem Prambanan Tempel befindet sich die Bühne des größten Outdoor Theaters Indonesiens, mit Blick auf den im Dunkeln beleuchteten Prambanan Tempel. Dort finden abends Aufführungen des traditionellen Ramayana Ballets statt, welches man in Indonesiens mindestens 1x besucht haben sollte. Es besteht aus traditioneller Gamelan Musik, Tanz sowie Drama, in der Regel ohne Dialoge. Die Kostüme sind prachtvoll! Die Geschichte kann man vor Beginn des Theaters nachlesen und kann somit der Aufführung doch recht gut folgen. ;-) Am Ende durften alle Zuschauer auf die Bühne kommen und Fotos mit den Schauspielern machen. :-P

Da hab ich am Ende doch so einiges in meiner "Auszeit" erlebt. ;-) Es war wirklich ein super Start in meine Indonesienreise und hat mir gezeigt, wie schön es ist in einem Homestay zu übernachten, denn dadurch bekommt man einen richtigen Einblick in das lokale Leben und knüpft Kontakte mit den Einheimischen. Ich weiß ganz genau, das wird nicht mein letztes Homestay sein. :-)

Mein eigentlicher Plan war ursprünglich eine Ost-Java-Tour im Paket über mehrere Tage zu machen, welche 3 Orte beinhaltete: Bromo, Ijen und Sukamade. Leider kommen wir hier zu einem Problem des Soloreisens: die meisten Tour-Companies haben keine Shared Trips im Angebot. Auch werden Touren in der Regel erst ab 2 Personen organisiert, falls mal privat für 1 Person, bezahlt man den doppelten Preis. Meine Tour-Company hatte sich meinen Namen notiert, jedoch hatte in der Woche, die ich in Yogya auf Mitreisende wartete, niemand Interesse an der Tour. Im Hostel wäre es natürlich deutlich leichter gewesen noch mehr Leute zu fragen. Ich hinterließ zwar meine Kontaktdaten im Hostel nebenan und versuchte jeden vom Kochkurs dafür zu begeistern, hatte aber kein Glück. Am Ende entschied ich mich doch auf eigene Faust loszuziehen und in nahegelegenen Städten Tagestouren zu buchen, was deutlich leichter ist, vor allem in Hostels werden in der Regel Shared Trips angeboten. Dauert definitiv länger, aber ich habe ja Zeit. :-P

Also buchte ich mir nach 10 Tagen ein Zugticket nach Malang... leider fahren Züge nur nachts dorthin... warum auch immer... aber mit der 1. Klasse, nicht so viel teurer, hatte man gemütlich Sitze und viel Beinfreiheit und konnte sogar etwas schlafen.

Freut euch auf Ost-Java im nächsten Beitrag und surreale Vulkanlandschaften! 

Bis dahin, liebe Grüße, eure Jana

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